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Die weltweit erfolgreiche Kurzvideo-Plattform TikTok ist mittlerweile nicht nur ein virtueller Ort für Unterhaltung, Musik und ausgefallene Tanzperformances. TikTok ist in kürzester Zeit auch zu einem einflussreichen politischen Medium, insbesondere für die sogenannte Generation Z, geworden. Ein Grund dafür: Die Verbreitung von TikTok-Videos basiert nicht primär auf großen Zahlen von Followern. Stattdessen werden die kurzen Clips an eine Vielzahl unbekannter Nutzer*innen ausgespielt, zu deren Interessen ein bestimmtes Video zu passen scheint. Dies wird anhand des jeweiligen Nutzungsverhaltens der User*innen berechnet. Einfach zu verwendende Templates und die multimodale Struktur der Clips ermöglichen es den Creators zudem, komplexe Themen auf verschiedenen Ebenen – durch Text, Bild, Grafiken, Musik oder Kommentare – zu bearbeiten.

Jugendliche und junge Erwachsene informieren und amüsieren sich nicht nur auf TikTok, sie nutzen die App auch für sozialen und politischen Aktivismus und Protest: Dazu adaptieren sie die vielfältigen Features und Effekte entgegen ihrer ursprünglich primär der Unterhaltung dienenden Intention. Funktionen wie Videoantworten auf Kommentare, Duette mit Videos anderer Creators, das Remixen von populären Videostilen, das Initiieren von und Reagieren auf Challenges und die Verwendung von Effekten wie Greenscreens oder auch die Möglichkeit, Sounds und »trendende« Musik zu nutzen, werden in den Dienst von Aufklärung und Agitation mithilfe aktivierender, spielerischer Kurzvideos gestellt. Dabei behalten diese Erklär- oder Protestvideos aber etwas von der auf TikTok üblichen spielerischen Ästhetik.

Diesen politischen Protest mit Video-Memes untersuchen die Autor*innen anhand verschiedener Fallstudien. Sie analysieren die Rolle von TikTok für Selbstinszenierungen und Fremdzuschreibungen im Kontext des Nahostkonflikts wie für die Selbstermächtigung von jüdischen TikTokern im Kampf gegen (Online-)Antisemitismus; sie untersuchen TikTok als Medium der Aufklärung und des Kampfes iranischer Frauen gegen Kopftuchzwang und staatliche Repression, und sie widmen sich Formen des Klimaaktivismus.

Autor*innen

Britta Hartmann ist Professorin für Filmwissenschaft und Audiovisuelle Medienkulturen an der Universität Bonn. Publikationen u.a.: »T. ist (nicht) da. Imagination und Subjektkonstruktion in suggerierter Autobiographie.« (In: Büttner et al: »Sichtbar machen. Politiken des Dokumentarfilms«, 2018); »Aller Anfang. Zur Initialphase des Spielfilms« (2009). [mehr]

Tobias Ebbrecht-Hartmann ist Senior Lecturer für Film und Visuelle Kultur an der Hebräischen Universität Jerusalem. Er lehrt und forscht zu deutscher Film- und Kulturgeschichte, filmischer und digitaler Erinnerungskultur und »Serious TikTok«. Er ist Co-Autor (mit T. Divon) von »#JewishTikTok. The JewToks’ Fight against Antisemitism« (In: Boffone: »TikTok Cultures in the United States«, 2022); »Übergänge. Passagen durch eine deutsch-israelische Filmgeschichte« (2014). [mehr]

Jonathan Guggenberger studierte Bildende Kunst, Film- und Politikwissenschaft in Berlin. Er forschte zu ästhetischen Strategien politischer Mobilisierung in den sozialen Medien und Antisemitismus auf TikTok, u.a. an der Hebrew University in Jerusalem. Als Kulturjournalist für »taz«, »der Freitag«, »Tagesspiegel« u.a. und als Autor von fachwissenschaftlichen Publikationen schreibt er über digitale Bildkulturen, Erinnerungspolitik und Antisemitismus in Kunst und Kultur. Zuletzt erschien sein Essay »Ein Lächeln geht um die Welt – Über unheilige Allianzen im Nachgang... [mehr]