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Antonio-Gramsci-Preis für kritische Forschung in der Migrationsgesellschaft 2018

Jährlich sterben Tausende Menschen bei ihrem Versuch, die Grenzen des Globalen Nordens zu überschreiten, um dort Schutz zu finden, Arbeit, ein besseres Leben. Zugleich überziehen Regierungen die Erde mit Zäunen, Kontrollen, Lagern und träumen davon, menschliche Mobilität effizient zu regulieren. Wie ist es zu dieser Situation gekommen? Warum werden Grenzen abgeschottet, obwohl dies zu so viel Tod und Elend führt? Diese Fragen – aus schockierter Verwunderung geboren – sind Ausgangspunkt des Buches.
Im Mittelpunkt steht die Geschichte eines zentralen Akteurs: der Internationalen Organisation für Migration (IOM). Gegründet 1951 als Gegeninstitution zum »Flüchtlingshilfswerk« der Vereinten Nationen (UNHCR) fungierte die IOM im Kalten Krieg als antikommunistische Migrationsagentur des westlichen Blocks. Heute ist sie Teil des UN-Systems, hat 169 Mitgliedsstaaten und ein Jahresbudget von 1,5 Milliarden US-Dollar. Mit ihrem Motto »Migration for the Benefit of All« behauptet sie, die Widersprüche der Migration ließen sich aufheben, wenn diese nur umfassend »gemanagt« würden.
Tatsächlich aber wird die IOM immer wieder heftig kritisiert. Amnesty International und Human Rights Watch warfen ihr vor, als Handlanger des Nordens die Menschenrechte von Geflüchteten und Migrant*innen zu verletzen. No-Border-Gruppen griffen IOM-Personal als »Menschenjäger« und »Schreibtischtäter« an und attackierten ihr »Migrationsmanagement« als neoliberal.

Gut lesbar rekonstruiert der Autor die fast 70-jährige, spannungsreiche Geschichte der IOM im Kontext geostrategischer Konflikte, kapitalistischer Krisen und migrantischer Kämpfe. Aus kritisch-materialistischer Perspektive macht er so Triebkräfte und Dynamik europäischer und globaler Migrationsregime seit dem Zweiten Weltkrieg verstehbar

Leseproben

Autor*innen

Fabian Georgi studierte Politikwissenschaft und Internationale Beziehungen an der Freien Universität Berlin und der University of Kent, Canterbury/GB. Tätigkeiten als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Berliner Institut für Vergleichende Sozialforschung (BIVS) und Lehrbeauftragter am Otto-Suhr- Institut für Politikwissenschaft der FU Berlin. Promotion an der FU Berlin als Stipendiat der Hans-Böckler-Stiftung und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Politikwissenschaft der Philipps-Universität Marburg. Engagement in der »Assoziation für kritische Gesellschaftsforschung«... [mehr]

Pressestimmen

  • »Eine gut nachzuvollziehende und aufschlussreiche Lektüre: Am Beispiel der IOM arbeitet das Buch einige grundlegende Widersprüche heraus, die ›die Entwicklungen von Migrations- und Grenzregimen insgesamt bestimmen.‹« (Maren Kirchhoff, Peripherie 156)
  • »Georgi zeichnet nicht nur die Geschichte der IOM detailliert nach, was schon für sich genommen eine erhebliche Leistung ist. Er bettet sie ein in eine Geschichte der ›spezifischen Widersprüche, Konflikte und Krisen, auf deren Regulation die IOM-Praxis im Effekt zielte.‹ Er leistet damit auch einen Beitrag zum Verständnis von Grenz- und Migrationsregimen und zur materialistischen Staatstheorie.« (SOSF-Bulletin, 2/2019)
  • »Georgi nutzt die IOM als Sonde, um neoliberale Strukturen der ökonomisch bedingten globalen Ungleichheitsmigration und ihrer politisch-administrativen Bewältigung offenzulegen. Dabei identifiziert er in acht chronologischen Kapiteln ebenso viele historische Phasen der IOM, die er konsequent mithilfe Marx’scher Gesellschaftsanalyse durchdekliniert und mit postkolonialen Erkenntnissen verfeinert.« (Florian Wagner, H-Soz-Kult)
  • »Ein wichtiges Buch«. (Eleonora Roldán Mendívil, analyse & kritik, 2/2021)